Die Abgeordneten der ersten Ampelkoaltion in einem deutschen Bundesland saßen nicht in Wiesbaden, Düsseldorf oder Hamburg – sondern in Potsdam. Im ersten Kabinett Stolpe vor nunmehr 29 Jahren waren auch FDP und Bündnis 90 vertreten. Es wäre also für Brandenburg kein komplettes Novum, wenn am kommenden Sonntag wieder sprachliche Varianten von „hatten wir so auch noch nicht“ dekliniert werden.
Wie im Ausgangslage-Beitrag beschrieben, regiert derzeit noch eine Rot-rote Koaltion zwischen Lausitz und Uckermark. Diese braucht nicht nur einen „bitte kurz anstupsen“-Mehrheitsbeschaffer – die Umfragen (Übersicht bei Wahlrecht.de) sehen SPD und Linke derzeit zusammen bei knapp 36%.
Folglich: Hefte raus, Klassenarbeit, Thema Koalitionsmathematik, bitte zweimal unterstreichen.
Mögliche Ergebnisse und Koalitionen
Folgende Ergebnisse sind gemäß den jeweils letzten Umfragen der großen Institute zu erwarten:
Partei | SPD | CDU | Linke | Grüne | FDP | FW/BVB | AfD |
Korridor | 17-22% | 16,5-18% | 14-15% | 12-14,5% | 5% | 4-5% | 20-22% |
Unter der Prämisse, dass Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen sind, bleiben damit folgende Möglichkeiten:
- Rot-rot-grün wie etwa in Berlin oder, mit anderem rot, in Thüringen. Kann funktionieren, wenn alle Parteien am oberen Ende ihres Korridors landen und/oder die FDP den Einzug doch nicht schafft.
- Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen, wie derzeit bereits in Sachsen-Anhalt mit mäßigem Erfolg praktiziert: Rechnerisch wahrscheinlicher als R2G, politisch etwas anstrengender.
- Koalition aus CDU, Grünen und *Trommelwirbelgeräusch* Linken. Wo noch vor einem Vierteljahrhundert Rote Socken plakatiert wurden, könnte jetzt ein Bündnis entstehen, auch weil die Union hier ganz anders tickt als in Sachsen.
- Vierer-Bündnisse: Die o.g. Koalitionen könnte alle um Tortenstücksbreite an der Mehrheit scheitern – und dann etwa die Liberalen oder die vsl. über die Grundmandatsklausel einziehenden Freien Wähler dazuholen.
Was die Präzision der Umfragen früher angeht, gibt es jenseits der üblichen Schwankungen wenig Spektakuläres: die CDU schnitt vor zehn und fünfzehn Jahren deutlich schlechter ab als erwartet, bei der letzten Wahl konnte die AfD mehr Zustimmung einholen als erwartet. Allerdings war ihr Zustimmungskorridor etwa bei der Europawahl gut eingeschätzt, so dass ich grobe Ausschläge nach oben für unwahrscheinlich halte.
Anmerkung: Ich war von c. 2002 bis 2009 Mitglied der FDP. Ich bin seit 2009 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen.