Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen 2022: Ausgangslage und Umfragen

Politik

Die Landtagswahlen vieler Bundesländer hatten ab und an Auswirkungen jenseits der Landesgrenzen – der Sieg Gerhard Schröders 1998 in Niedersachsen machte ihn automatisch zum Kanzlerkandidaten, nach dem Niederlagen-Trio der FDP in unter anderem Baden-Württemberg 2011 endete die Ära Westerwelle und und und. Aber im größten Bundesland der Republik sind Auswirkungen nicht bemerkenswert, sondern die Regel. Aus dem Stand kommen sofort ins Gedächtnis:

Diagramm: Landtagswahlen in NRW seit 1990.
Landtagswahlen in NRW seit 1990. Für 2005 wurde bei Linke/PDS/WASG das kumulierte Ergebnis von WASG und PDS eingetragen.

Kein Wunder, schließlich ist fast jeder vierte Mensch in NRW beheimatet, die Parteiverbände entsprechend mächtig, die Wahlen unter besonderer Beobachtung. Die sechs Stimmen im Bundesrat können darüber hinaus auch über die Mehrheiten der Bundesregierung entscheiden.

Schwächen die NRW-Grünen die Bundes-Ampel?

Dementsprechend wird auch die Wahl am kommenden Sonntag mit mehr Spannung erwartet als kürzlich in Schleswig-Holstein und im Saarland. Auch wenn die SPD sich sicherlich nicht über zwei Tage Jammer-Berichterstattung aus dem Norden gefreut hat, ist ihre Ausgangssitation in Düsseldorf besser als in Kiel. Der amtierende Ministerpräsident Hendrik Wüst ersetzte während der Legislatur für Armin Laschet und hat nicht die Sonnenkönig-Beliebtheitswerte eine Daniel Günthers, SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty folgt in den Umfragen im Windschatten.

Das spannende aber ist weniger, welche Partei tatsächlich am stärksten wird – solange die Umfragen nicht massive Last-Minute-Bewegungen verfehlen, dürfte hier das übliche „jede Partei redet ihr Ergebnis gut“-Zeremoniell stattfinden. (Meine Vermutung: für die SPD wird’s etwas schlechter, aber eben nicht wie in Schleswig-Holstein.) Interessanter ist, was die Grünen mit der Situation anfangen, denn aller Voraussicht nach sind die einzigen plausiblen Zwei-Parteien-Koalitonen die ungeliebte GroKo und Rot- oder Schwarz-Grün. Letzteres wäre für die SPD nicht nur lokal eine empfindliche Schwächung und Kränkung – es würde auch der Bundes-Ampel die Möglichkeit auf eine breitere Unterstützungsbasis verwehren.

Weiter interessant: Bleibt das Aus-dem-Parlament der AfD wie letzte Woche ein einmaliges Ereignis, oder bleibt sie bei schwächerem Gesamtresultat trotzdem in Fraktionsstärke erhalten? (Meine Vermutung: eher ja, denn die Umfrage-Ergebnisse sind im Mittel eben doch ein Prozentpunkt höher.) Und wie existenziell kann die Krise der Linken noch werden, wenn sie auch in einem wahrlich freundlichen Milieu keinen Stich sieht?

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