100 Tage Schwarzgelb: Das sagen die Umfragen

Politik

Gut drei Monate gibt die etablierte vierte Gewalt der frisch gewählten zweiten (zumindest ist das Exekutive bei mir) Zeit, bis die Berichterstattung die so beliebte Rückblickstonalität erhält. Endlich ist es möglich, einzuordnen, zu vergleichen, hundert Tage, das muss doch reichen! Und immerhin, einen Rücktritt samt kleiner Kabinettsumbildung, einen kleinen Spendenskandal und jede Menge Kabale hat es ja schon gegeben am Platz der Republik – nichts völlig Ungewöhnliches für den kompletten Neustart einer Regierung, aber doch alles andere als ein Traumstart.

Daher wundert es auch nicht, dass gegenwärtig mal wieder fast alle Umfrageinstitute frische Zahlen haben – und diese bedürfen natürlich einer Analyse!

En detail: So sehen die jüngsten Veröffentlichungen aus, Befragungszeitraum in der zweiten Januarhälfte (und Quelle wie immer das exzellente Wahlrecht.de).

Allensbach Emnid Forsa Forschungsgruppe Wahlen Infratest dimap Durchschnitt Bundestagswahl 2009
CDU/CSU 34,5% 36,0% 36,0% 37,0% 36,0% 35,9 % 33,8%
SPD 25,0% 24,0% 21,0% 26,0% 25,0% 24,2 % 23,0%
FDP 13,0% 10,0% 9,0% 10,0% 10,0% 10,4 % 14,6%
Grüne 11,5% 13,0% 16,0% 12,0% 13,0% 13,1 % 10,7%
Die Linke 11,0% 12,0% 11,0% 10,0% 11,0% 11,0 % 11,9%

Bereits aus dieser einfachen Aufstellung lassen sich einige Erkenntnisse gewinnen:

  • Mit Ausnahme von Allensbach sehen mittlerweile alle Institute die Grünen vor der FDP, mit Ausnahme von Allensbach und Forsa (hier Gleichstand) sind die Liberalen mittlerweile sogar nur noch fünftstärkste Kraft.
  • Die Bewegungen bei allen anderen Parteien sind im Prinzip innerhalb der Fehlertoleranz. Fürs Protokoll: Im Durchschnitt scheinen SPD und Union stärker, die Linke leicht schwächer.
  • Besondere Beachtung verdienen der Forsa-FDP-Wert und die 37 Prozent, welche die Forschungsgruppe Wahlen für die Union angibt. Wann war der letzte einstellige Umfragewert der FDP bei Forsa? Na, scharf nachdenken… ich sag‘s: im Februar 2009. Und wer hat nicht geschmunzelt, als die Unionspolitiker die Zahl „Vierzig“ in den Mund nahmen? Eben – und jetzt ist die CDU/CSU immerhin fast durchgängig in der oberen 30er-Hälfte.

Rein differenziell betrachtet, sieht die Entwicklung seit der Bundestagswahl übrigens folgendermaßen aus:

Allensbach Emnid Forsa Forschungsgruppe Wahlen Infratest dimap Durchschnitt
CDU/CSU 0,7% 2,2% 2,2% 3,2% 2,2% 2,1%
SPD 2,0% 1,0% -2,0% 3,0% 2,0% 1,2%
FDP -1,6% -4,6% -5,6% -4,6% -4,6% -4,2%
Grüne 0,8% 2,3% 5,3% 1,3% 2,3% 2,4%
Die Linke -0,9% 0,1% -0,9% -1,9% -0,9% -0,9%

Hier besonders auffallend ist der eklatante Unterschied, den Allensbach für die FDP notiert.

Spannender als diese einzelnen Betrachtungen sind die Ergebnisse, wenn man sie sich lagerübergreifend anschaut, was gleichzeitig einer Regierung-Opposition-Gegenüberstellung entspricht, und der Volksparteien gegenüber den kleineren Drei (Sonstige und damit die Piraten bleiben unverändert). Zunächst in absoluten Zahlen:

Allensbach Emnid Forsa Forschungsgruppe Wahlen Infratest dimap Durchschnitt Bundestagswahl 2009
Regierung 47,5% 46,0% 45,0% 47,0% 46,0% 46,3% 48,4%
Opposition 47,5% 49,0% 48,0% 48,0% 49,0% 48,3% 45,6%
Volksparteien 59,5% 60,0% 57,0% 63,0% 61,0% 60,1% 56,8%
Kleine Parteien 35,5% 35,0% 36,0% 32,0% 34,0% 34,5% 37,2%

Mit Ausnahme von Allensbach sehen also alle Umfrageinstitute derzeit die Regierung demoskopisch unterlegen, auch wenn die leichten Zugewinne der CDU/CSU das Absacken der FDP in Teilen ausgleichen. Schaut man sich nur die Prozentpunkt-Differenzen an, ergibt sich das folgende Bild:

Allensbach Emnid Forsa Forschungsgruppe Wahlen Infratest dimap Durchschnitt
Regierung -0,9% -2,4% -3,4% -1,4% -2,4% -2,1%
Opposition 1,9% 3,4% 2,4% 2,4% 3,4% 2,7%
Volksparteien 2,7% 3,2% 0,2% 6,2% 4,2% 3,3%
Kleine Parteien -1,7% -2,2% -1,2% -5,2% -3,2% -2,7%

In dieser Tabelle habe ich zudem die Entwicklung für eine andere Gruppierung hinzugefügt, nämlich jene nach Parteigröße. Hier hat sich insgesamt eine leichte Verschiebung zu den großen Parteien ergeben. Wie immer: Auf Basis solcher Momentaufnahmen große Rückschlüsse oder gar „Die Sehnsucht nach den Volksparteien“ abzulesen, ist hochgradig albern und unseriös – noch immer vereinen Sozialdemokraten und Konservative zusammen keine zwei Drittel der Befragten hinter sich.

In einem weiteren Beitrag werde ich auch einmal einordnen, und zwar diese Zahlen im Vergleich zu den 100-Tages-Ergebnissen der Vorgänger-Regierung.

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