LLM Wirtschaftsrecht: Auf zur Masterarbeit und Experimente mit dem Chatbot

Fortbildung

Sagen die jungen Leute heute noch „scheinfrei“? In jedem Fall beschreibt das die Gegenwart: Ich bin mit all meinen Klausuren, Hausarbeiten und Pflichtseminaren durch. Die Frustrationen der letzten Beiträge sind dabei unverändert geblieben und bedürfen keiner weiteren Wiederholung. Seit einem halben Jahr möchte ich praktisch einfach nur, dass das alles vorbei ist und habe auch eine Hausarbeit mit einer ordentlichen Portion „Mir egal, ich lass das jetzt so“ im Flugzeug zu einem Event geschrieben.

Nun also koinzidieren das Erhaschen der letzten Credit Points mit dem Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit, pardon, Thesis.

Tatsächlich hatte ich hier bereits vor dem Studium, ja sogar vor dem Brückenkurs ein, zwei Ideen. Eine geht auf meine Zeit bei PC Games zurück, eine andere auf meine ehemalige aktive Mitarbeit in einem Betriebsrat und entsprechende Beiträge [PDF]. Für beides habe ich lose Ideen, aus denen sicherlich etwas werden könnte, aber die noch etwas Konkretisierung brauchen, ehe sie wirklich vorgeschlagen werden können.

Hier geht das Problem schon los: Die Euro-FH möchte keine Kontaktaufnahme mit potenziellen Gutachter:innen, sondern eigentlich ein ca. sechsseitiges Thesis-Vorschlagspapier und ggf. Vorschläge zu den Prüfenden (es gibt eine Liste mit teils sehr spezifischen, teils extrem allgemein gehaltenen Bereichen). Kann man so machen. Hat bestimmt Gründe. Wenn ich mich aber an die University of Liverpool erinnere – Forum-Post mit zwei Absätzen Beschreibung aufmachen, Betreuerin meldet sich -, weiß ich, was mir lieber war. Auch als ich an der Humboldt-Universität meine Zwischenprüfung plante und noch sehr, sehr vage Ideen hatte, konnte ich eben genau diese in den Äther schicken für, äh, ehrliches Feedback1.

Es erschien mir folglich vernünftig, meine grobe Sachlage und meine in ihrem allerfrühesten Stadium existierenden Ideen also an den „Thesis-Service“ zu schicken. Gut: Es kam eine prompte Antwort. Schlecht: Die Antwort lautete, dass ich mich bitte an das vorgeschlagene Prozedere halten und einen Mehrseiter ausarbeiten soll. Und bitte keinen Kontakt mit niemandem. Ansonsten könnte die Freigabe für ein Thema versagt werden.

Nun gut. Also habe ich mich für eine der Anwendungen entschieden, die aus meiner Sicht grundsätzlich interessanter ist und meine Tendenz zum Ausschweifen weniger unterstützt. Dazu in ein paar Monaten mehr.

Aber ganz ehrlich, liebe Euro-FH: So geht das nicht. Ihr bekommt knapp 600 Euro im Monat von mir, im Gegenzug erhalte Booklets in sehr heterogener Qualität und Aktualität – und kann noch nicht einmal selbst mit einer Professorin oder einem Dozenten Kontakt aufnehmen, um erste Ideen für eine Arbeit zu diskutieren?

KILEA – der Chatbot der Euro-FH

Für meine letzte Haus-Arbeit, diesmal im Modul Unternehmensbewertung, habe ich auch ein paar mal geschaut, was die „KI-Begleiterin“ Kilea an Unterstützung leisten kann. Das Ergebnis ist wie so oft beim Großen Sprachmodellen (LLM) und darauf basierten „KI“ eine teilweise surreale Erfahrung. Der Chatbot ist stark darauf geeicht, immer auf das Studienmaterial zu verweisen und sich nur aus diesem zu speisen.

Gleichzeitig gibt es, sobald das Gespräch auch nur leichtes „Mitdenken“ erfordert, akute Überforderung für Kilea. Ich habe etwa ganz einfach gefragt, ob sie mir einen Zitiervorschlag für das Studienheft bringen könnte. Das klappt zunächst fast gut, einen kleinen Korrekturhinweis meinerseits nimmt Kilea dann zum Anlass, ein Zitat aus einer anderen Quelle in den Studienheften selber zu suchen und zu präsentieren. Auch später, wenn wir uns über das Umformen von Formeln unterhalten und ich einmal ausklammern und umstellen verwechsle, wird Kilea das immer wieder zwischen zwei Nachrichten durcheinander bringen.

Im Vergleich zu etwa Microsoft Office, das jetzt möchte, dass ich bei jedem Copy-Paste-Manöver den CoPilot anrufe, aber gleichzeitig daran scheitert, mir meine typischen „Hier später Fußnote Einfügen“-Stellen zu finden, scheint mir das System etwas maßvoller. Auf ganz konkrete Fragen wird vernünftig geantwortet und „Halluzinationen“ treten bis jetzt dabei keine auf. Der oft verschwindende Kontext macht die Arbeit aber dennoch mühselig.

Update 19:52 – das ging schnell! In nur drei Stunden Korrekturzeit flatterte inzwischen meine letzte abgegebene Hausarbeit zurück. Die Bewertung lässt mich noch etwas ratloser zurück als sonst auch. Drei Paper wurden als Rahmen für eine Fragestellung vorgegeben, aber offensichtlich habe ich mich zu sehr an denen orientiert? Und zufälligerweise waren alle drei Teilnoten bis auf den Zehner genau die Endnote. Ich erwähnte, dass das eine sehr frustrierende Erfahrung ist? Meine Vermutung – immerhin ist das meine vierte Hochschule – ist, dass die Dozent:innen Euro-FH im Hintergrund einen sehr konkreten inhaltlichen Erwartungshorizont haben, selbst wenn die Fragestellung inhaltlich sehr weit gefasst ist.

Update 11. Juni: Ich habe mich entschieden, gegen die Bewertung Widerspruch einzulegen (siehe auch den wiederbelebten Foren-Thread hier). Updates dann, sobald sie da sind.

  1. Für die Nachwelt: Luzides Träumen und Skeptizismus lautete die Idee. ↩︎

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