Vor der Bundestagswahl 2025: Die Lage im Bundesrat

Politik

Der neue Bundeskanzler hat womöglich kein SPD-Parteibuch mehr, definitiv wird es keine Ampelregierung mehr geben: Aber wie steht es mit der zweiten Kammer aus? (Zu meinem Beitrag von vor knapp vier Jahren: Der Bundesrat zum Ende der Ära Merkel.)

Rückblick – September 2021

Karte Deutschlands mit den Koalitionsfarben der jeweiligen Landesregierungen, Stand September 2021
Die (Koalitions-)Lage der Nation zum Ende der Ära Merkel.

An den vielen Schwarz- und Bayernblau-Linien erkennbar: Scholz war für alle zustimmungspflichtigen Gesetze immer auf eine Kooperation mit der Union angewiesen. Tatsächlich waren zu seinem Amtseintritt nur zwei Länder überhaupt allein von Ampel-Parteien regiert (das rot-grüne Hamburg und Rheinland-Pfalz). Eine echte Opposition auf Landesbene gab es nur in Bayern, dem einzigen Land ohne Regierungsbeteiligung von SPD, Bündnis 90/Die Grünen oder FDP.

Ein wenig Trivia:

  • Die SPD war an 11, Union und Bündnis 90/Die Grünen an 10 Regierungen beteiligt.
  • SPD und Union stellten damals je sieben Regierungschef:innen, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen je einen.

Die Kenia-Koalition setzt sich fort: Aktuelle Lage

Karte Deutschlands mit den Koalitionsfarben der jeweiligen Landesregierungen, Stand Februar 2025
… und zum Ende(?) der Ära(?) Scholz

Auffällig ist: Sämtliche Regierungsbeteiligungen von Bündnis 90/Die Grünen in den Neuen Bundesländern bestehen nicht mehr. (Die niedrige Farbdeckung für Thüringen und Sachsen nutze ich für Minderheits- oder geschäftsführende Regierungen.) Das konnte teilweise ausgeglichen werden durch neue Koalitionen in den Sechs-Bundesratssitze-Ländern NRW und Niedersachsen, trotzdem hat die Partei grundsätzlich an Einfluss verloren und kann formal im Bundesrat umgangen werden. Im Detail:

  • Die SPD ist derzeit an 12 Regierungen beteiligt (der historische Höchsstand ist 14), die insgesamt 47 Stimmen beeinflussen
  • Knapp dahinter ist die Union mit 43 beeinflussten Stimmen aus neun Regierungsbeteiligungen – davon sind allerdings alle bis auf Baden-Würtemberg auch mit Ministerpräsident:innen-Sessel!
  • 32 Stimmen können die Grünen insgesamt aus ihren sieben Regierungsbeteiligungen beeinflussen – 69 hat der Bundesrat. Ein taktisches Umgehen all dieser Länder könnte sich für Merz theoretisch lohnen – etwa bei künftigen Anträgen zum Thema Migration. Allerdings braucht es dafür auch die Zustimmung Mecklenburg-Vorpommerns in einer rot-roten Regierung. Unwahrscheinlich, dass es einen Vorschlag gibt, der zwar den Linken gefällt aber nicht den Grünen.
  • Bemerkenswert sind die aktuell drei Regierungsbeteiligungen der FDP, zu den schlimmsten Zeiten waren es nur zwei.

Weil die anstehenden Landtagswahlen in Hamburg auf längere Sicht die letzte Landtagswahl sind, wird es auch weiterhin bei einer Kenia-Koalition für alle Themen bleiben, welche die Zustimmung der Länderkammer erfordern.

Offenlegung: Ich bin seit 2009 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und war von c. 2002 bis 2009 Mitglied der FDP. Bei der kommenden Bundestagswahl strebe ich kein Amt oder Mandat an.

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