Vor gut einer Woche habe ich die letzte Klausur geschrieben. Des Jahres, des Studiengangs (Wirtschaftsrecht an der Euro-FH), womöglich sogar meines Lebens.
Leider wird das diesmal kein Freudeschönergötterjauchzen. Denn bei einer der Fragen musste ich schlichtweg komplett improvisieren. Nicht „Oha, da wurde ich bei einigen Definitionen etwas wacklig.“ Sondern komplettes Kalterwischtwerden. Bei einer von drei gleichberechtigten Fragen.
Wie war es – hier bitte das Schallplattenkratzgeräusch denken – dazu gekommen?
Ich hatte für diese Klausur experimentell primär die App Flash Cards der Euro-FH benutzt (eine Whitelabel-Lösung), für welche in diesem Fall auch ein Set an Übungskarteikärtchen bereitstand. 120 Stück, da sollte mit etwas Übung doch nahezu alles abgedeckt worden sein. Leider nein – wie ich auch nach der Klausur noch einmal überprüft habe, kam zu genau diesem Busindess-Development-Instrument keine Frage vor. Keine von 120. In den Studienheften bekam das Tool knapp zwei Seiten und rutschte mir folglich auch durch.
Ja, natürlich ersetzt eine Karteikarten-App der Hochschule keine eigenen Mühen zur Lernorganisation. Und ich habe ja auch eben bewusst probiert, mich primär auf die App zu verlassen. Ich möchte hier also keineswegs Verantwortung abgeben. Allerdings scheint es mir auch nicht völlig sachfremd, dass ein möglicherweise wesentliches Thema in offiziellem Wiederholungsmaterial zumindest mal gestreift werden sollte. Also für die Mitleser:innen – ich würde, hätte ich noch eine künftige Klausur, mich nicht wieder so stark auf die App verlassen.
Bewertungsfragen
Dass die Klausur trotzdem im Ergebnis noch gut ausfiel, überraschte mich durchaus – wohingegen eine Hausarbeit, die ich kürzlich einrichte, für mich wenig nachvollziehbar auf der Kippe zum Befriedigend benotet wurde. Ja, Student:innen finden ja immer alles außer 1,0 (oder im Notfall 1,3) unfair, aber hier erlaube ich mich mir doch den Hinweis, dass die Kritteleien mir arg hergholt und teilweise widersprüchlich erscheinen.
Angesichts des allgemeinen Fortschritts und der Relevanz der Abschlussnote mache ich mir hier allerdings nicht den Terz, das irgendwie hinter- oder nachzufragen (trotz meiner Foren-Anfrage dazu) – was ich ohnehin nicht für erfolgversprechend hielte. Es fügt nur eine weitere bittere Geschmacksnote hinzu. (Auch bei der Wiederholungseinsendung vom Zivilrecht gab es einen Häh-Moment, weil eine Teilaufgabe trotz von mir einfügten Feedbacks auf die Erstfassung vom gleichen Korrektor mit exakt derselben Punktzahl bewertet wurde. Hmhm.)
Und auch wenn es für die Modulnote ohne Bedeutung ist: Bei einem länger dargelegten Rechenweg in einer Zwischendurch-Einsendeaufgabe kein „hier haben Sie den Zinssatz vergessen!“ zu bekommen sondern ein „Ergebnis stimmt nicht mit Musterlösung ein“ (immerhin samt Musterlösung) – macht auch nicht den Eindruck großer Motivation am anderen Ende.
Dauerthema Aktualität und Aktualisierungen
Diese Blogposts wären nicht komplett, wenn ich nicht von meinen jüngsten Erfahrungen mit dem teilweise gut in die Jahre gekommenen Material zu berichten wüsste. Kurze Beispielrunde: Im Cybersecurity-Heft wird vor den Gefahren von Flash gewarnt – das Produkt wird seit nunmehr vier Jahren aber gar nicht mehr vertrieben oder unterstützt (was bereits 2017 angekündigt wurde!). Im Business-Development-Büchlein wird mein ehemaliger Arbeitgeber Casper als ein Player auf dem Matratzen-Markt benannt – wenngleich die Firma bereits im Frühjahr 2020 die Segel gestrichen hatte.
Solche Details sind im Besten Fall – Flash – praktisch ohne Auswirkungen und schmälern nur die Wirkung des Heftes. Mitunter präsentieren sie aber auch verlorene Chancen, eben zum Beispiel aus Casper (oder dem im gleichen Heft erwähnten Dash-Button aus dem Hause Amazon) zu lernen.
Noch schlimmer sind aber tatsächlich die offensichtlich schon mehrfach aktualisierten Hefte, bei denen aber das textliche Fundament inzwischen kaum noch hält und die vielen Einfügungen und Aktualisierungen der Aktualisierungen (Corona-Pandemie!), die dann aber doch wieder nicht ganz aktuell sind, sowohl den Lesefluss als auch die Recherche mit tatsächlichen Gesetzestexten ordentlich erschweren. Das Insolvenzrechtsmodul scheint mehrheitlich zu Beginn der Regierung Merkel II geschrieben worden sein und man merkt ihm die draufgebügelten Flicken an.
Auf meine Nachfrage, ob es sich hier nicht lohnen würden, einmal komplett von vorne zu beginnen, antwortete die Euro-FH, dass aufgrund des hohen Aufwands punktuelle Aktualisierungen das Mittel der Wahl seien. Tjanun. Auch die eigentlich triviale Vorgehensweise, bei den eingebundenen externen eBooks neuere Auflagen anzubieten: Danke für Ihren Vorschlag, wir melden uns.
Fazit: Wir können gerne aufhören
Ja, auch in diesem Beitrag zu meinem Studium habe ich wieder ordentlich Frust geschoben – und sicherlich würden einige Leser:innen einwänden, dass ein Teil davon auch bei mir liegt. Schließlich habe ich eben bewusst experimentell die Flashcards gewählt oder eine leicht exotische Idee verhausarbeitet. Und womöglich sind Studienhefte nicht mit der gleichen Lektoratsbrille zu betrachten wie Texte mit bewusstem Unterhaltungswert.
Alles richtig. Aber ich erlaube mir in meinem vierten Studium eben auch durchaus Vergleiche. Und einige Aspekte – die teilweise schwer nachvollziehbaren oder schlichtweg zu knappen Feedbacks oder die offensichtlich mangelnde Aktualität des Studienmaterials – lassen sich nicht schönreden, auch angesichts der ordentlichen Monatsrate, die monatlich gen Hamburg geht.
Für das verbleibende knappe halbe Jahr wünsche ich mir daher etwas mehr Glück in der Kursheft- und Bewertungslotterie, besonders natürlich bei der Masterarbeit. Bonus-Frage: Werde ich beim dritten Mal endlich zum Kommunikationsseminar zugelassen?