Seit der Wiedervereinigung war die SPD an jeder Berliner Landesregierung beteiligt. Zwanzig Jahre lang stellte sie den Regierenden Bürgermeister – und möchte das Amt auch weiter halten. Die politische Gesamtsituation der Stadt hilft ihr dabei – ohne die SPD gibt es in der Hauptstadt keine plausiblen Mehrheiten:
- Bis zur Bankskandal-Schrumpfung der CDU wäre zumindest theoretisch in extremen Jahren entweder eine absolute CDU-Mehrheit oder eine schwarz-gelbe Option spekulierbar gewesen, doch seit 2001 erreichen beide Parteien gemeinsam nicht einmal 30 Prozent der Stimmen.
- Entgegen des allgemeinen Eindrucks sind Bündnis 90/Die Grünen nie so dominant gewesen, dass es für eine schwarz-grüne oder Jamaika-Koaltion gereicht hätte. Hinzu kommt, dass diese Variante dominanten Bezirksverbänden wie Friedrichshain-Kreuzberg extrem schwer zu vermitteln wäre.
- Mittlerweile ist die Linke weit von den „Take it Gysi“-Höhenflügen entfernt, aber kurz nach der Jahrtausendwende verhinderte ihre Stärke und die Unvereinbarkeit mit der CDU ebenfalls Regierungen jenseits der Sozialdemokratie.
Die SPD kann sich aussuchen, mit wem sie koaliert, und spielt diese Karte auch gerne aus:
- 2001 platze eine Ampel-Koalition (und alle so: woah!) an aus heutiger Sicht recht albernen Streitpunkten und Wowereit ging das erste „richtige“ Bündnis mit der damaligen PDS ein1.
- 2011 hätte es zum ersten und letzten Mal seit der Wiedervereinigung die Mehrheit für eine Rot-Grüne Regierung gegeben2 und ein paar Kilometer Autobahn ließen die Verhandlungen platzen, der dritte Wowereit’sche Senat gab der CDU nach zehn Jahren die Möglichkeit, wieder die Regierungsbank zu besetzen.
Wie eingangs erwähnt, ist es wahrscheinlich, dass die Farbe rot auch das nächste Stapeldiagramm zieren wird – in welchem Umfang, entscheidet sich in einer Woche.
Offenlegung: Ich war von c. 2002 bis 2009 Mitglied der FDP und bin seit 2009 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. In der kommenden Wahl strebe ich auf keiner Ebene ein Amt oder Mandat an. Ich bin einer Ampel-Koalition nicht abgeneigt.