Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt 2021 (2): Die Umfragen

Politik

Morgen ist die letzte Landtagswahl vor dem Superwahltag im September, an dem bundesweit, in wenigsten drei Ländern und noch darüber hinaus kommunal und wahrscheinlich über einen Volksentscheid abgestimmt wird. Grund genug, Synonyme für „wichtiger Stimmungstest“ nachzuschlagen und einen Blick auf die Umfragen zu werfen.

Ein absolut desaströses Ergebnis für die CDU – etwas wie 1998, als sie zum einzigen Mal nicht stärkste Kraft im Land wurde – ließe sich nur mit sehr viel Phrasensalat als „Regionaleffekt“ in den abendlichen Diskussionsrunden wegpalavern. Die gute Nachricht für Armin Laschet ist: Danach sieht es nicht aus. Gemäß einer Übersicht der Umfragen steht zu erwarten:

InstitutCDUSPDLinkeGrüneFDPAfDFW
INSA27%10%12%8%7%26%3%
Forschungsgruppe Wahlen30%10%11,5%9%6,5%23%3%
Infratest dimap29%10%10%9%8%23%3%
Mittelwert (gerundet)29%10%11%9%7%24%3%
Angaben der jeweils letzten Umfragen für Sachsen-Anhalts Landtagswahl gemäß wahlrecht.de
  • Eine Union ein paar Punkte vor der AfD. 2016 war die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt für alle Umfrageinstitute keine Sternstunde, aber daraufhin gab es scheinbar einige Anpassungen, weswegen ich die aktuellen Werte für belastbar halte. Zudem haben in allen ostdeutschen Bundesländern mit beliebten Ministerpräsidenten und der Gefahr einer erstplatzierten AfD die jeweiligen Regierungsparteien davon profitiert (siehe „Schlussfolgerungen“-Absatz hier).
  • Die AfD kann ein gutes Abschneiden als beinahe stärkste Kraft nach den enttäuschenden Resultaten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg dennoch gut als „Rückenwind“ verkaufen. Das Ergebnis wird zudem den Trend des immer radikaleren Auftretens bestätigen und die Regionalisierung weiter voranschreiten.
  • Es sieht so aus, als ob die Linke knapp drittstärkste Partei wird. Aber gerade weil Sachsen-Anhalt dereinst der Kurt Biedenkopf, Manfred Stolpe oder Bernhard Vogel fehlte, hätte sich eher die Gelegenheit geboten, eine Führungsrolle zu beanspruchen, statt mit voraussichtlich einem Drittel Zustimmungsverlust zu den nachgenannten Parteien am Katzentisch zu sitzen und bei der nichtmal die zweite Violine zu erhalten, wenn es um Koalitionsoptionen geht.
  • Die SPD dürfte immerhin zweistellig bleiben und sich im Verhältnis zu 2016 nur wenig verschlechtern. Tjanun, ein schöner Abend, um das nicht vor den Kameras als gutes Zeichen für Olaf Scholz deuten zu müssen.
  • Die Grünen werden gegenüber dem Vorergebnis wohl etwas zulegen, aber auch hier wird viel von „grundsätzlich schwieriges Pflaster“ oder der Herausforderung als Juniorpartner in einer Mehrparteienkoalition als diskursives Abwehrmanöver erforderlich sein.
  • Gute Chancen auf zurecht kalt gestellten Moët gibt es bei der FDP: Nach zehn Jahren der Wiedereinzug in den Landtag und je nach Gemengelage auch Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung (siehe unten. Also einfach der nächste Absatz).
  • Im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz scheint es keine Last-Minute-Ansammlung für die Freien Wähler zu geben, denen ich daher keine großen Chancen auf den Einzug einräume.
Screenshot des Wikipedia-Abschnitts mit Landesflaggen in Schwarz, Rot, Gründ und Gelb
Wikipedia-Recherche zu Landesfarben, falls es für keine Dreier-Koalition reicht.

Koalitionsoptionen

Hefte raus, Klassenarbeit! Was für Optionen gibt es unter diesen Umständen:

  • Eine Fortsetzung der bestehenden Kenia-Koalition hat in den betrachteten Umfragen nie eine Mehrheit gegen sich und im Mittelwert einen Stimmenvorteil.
  • Ein Novum wäre die so genannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP – diese hätte in zwei der Befragungen einer Mehrheit der Stimmen, wenn auch immer knapper als Kenia. Die CDU im Land als kein großer Grünen-Fanclub steht dem offen. Für die Union ließe sich damit ein deutliches Absetzen von den Grünen erreichen – wunderbar passend zur bestenfalls diffusen Benzinpreisdebatte der letzten Tage.
  • Ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP kommt nur in der Forschungsgruppe-Wahlen-Befragung auf eine theoretische Mehrheit, ist aber immerhin noch im Bereich des Möglichen.
  • Komplett außen vor sind natürlich Ampel und Rot-Rot-Grün.
  • Bonus: Sollten die Freien Wähler doch den Einzug schaffen, dürfte es besonderer Verhandlungskünste bedürfen für die erste, äh, Guinea-Bassau-Koalition?

Anmerkung: Ich war von c. 2002 bis 2009 Mitglied der FDP. Ich bin seit 2009 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Ich strebe bei keiner der kommenden Wahl ein Amt oder ein Mandat an.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert