Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt 2021 (1): Ausgangslage

Politik

Seit 2016 gibt es eine so genannte Kenia-Koaltion in Sachsen-Anhalt, eine insgesamt eher rumpelige Angelegenheit. Das ist deswegen interessant, weil gleichzeitig schon sehr viel länger im Bund faktisch ein Bündnis aus Union, SPD und im Bundesrat auch Grünen entscheidet. Seit den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg 2014 haben die Grünen über diverse Zwei- oder Drei-Parteien-Koalitionen Einfluss auf wenigstens die Hälfte der Stimmen in der Länderkammer, und in der Bundesregierung sitzen sowieso Union und SPD.

Wenn das Bündnis in Magdeburg so ein permanenter Krampf war, warum hören wir das dann nicht auch auf Bundesebene? Wo Ende der Ära Kohl ständig über die von Lafontaine angeführte Blockade im Bundesrat geschimpft wurde von den Konservativen, findet jetzt niemand, der von „Blockade-Ökos“ oder so spricht. Warum funktioniert das bikamerale Bundeskenia soviel besser?

Zum Einen, weil es nicht immer gebraucht wird. Eine Bundesregierung wie die Große Koalition kann etwas aussichtslose Themen in der Länderkammer viel einfacher schlichtweg nicht angehen, während etliche Streitthemen auf Landesebene unaufschiebbar sind, wenn etwa nicht reihenweise Posten unbesetzt bleiben sollen. Zum Anderen sind die politischen Ausrichtungen der Parteien anders. In Sachsen-Anhalt ist eine große, in Teilen bedenklich AfD-nahe CDU-Fraktion gegenüber zwei deutlich kleineren, politisch viel näher beieinander verorteten Gruppen, im Bund ein eingespieltes Team mit der jeweiligen SPD und CDU deutlich zentristischer.

Die vergangenen Landtagswahlen

So langsam wird es eng auf der X-Achse bei diesen Rückblicksbeiträgen – ich nutze ja immer die Wiedervereinigung als Startpunkt für ostdeutsche Bundesländer, und da kommt inzwischen einiges an Zahlenmaterial zusammen. Sachsen-Anhalt ist das einzige Bundesland, in dem noch nie eine Partei jeweils über 40% der Stimmen erhalten hatte.

Diagramm: Landtagswahlergebnisse in Sachsen-Anhalt seit 1990.
Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt seit 1990.

Rohdaten wie immer auf meinem OneDrive. Gut zu erkennen ist der Ende-Kohl-Absacker der CDU, die sich danach aber wieder gut stabilisieren konnte als unumstritten führende Kraft ähnlich wie in Thüringen oder Sachsen. Linke (ehemals PDS) und SPD dahinter, auch die Reihenfolge hatte sich früher etabliert. Die Grünen taten sich lange extrem schwer im Land, und zwei Rekordergebnisse für die FDP können ihre insgesamt durchwachsene Bilanz auch kaum aufbessern. Der Auftritt der AfD 2016 als fast aus dem Stand stärkste Kraft war eine Erschütterung des Systems. Ich hatte bereits analysiert, inwieweit es Parallelen zu den 1998er-Ergebnissen der DVU gibt (Spoiler: ordentlich).

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