Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz 2021 (1): Die Ausgangslage

Politik

Gemessen an ihrer mathematischen Möglichkeit gibt es Ampelkoalitionen bisher in der Bundesrepublik selten: anderthalb Mal zu Beginn der Neunziger – und noch genau einmal, seit 2016, im Mainzer Landtag. Oft kam es zu Erörterungen – mal eher als verzweifelter Schuss von der Mittellinie wie vom Noch-Kanzler 2005, mal als eigentlich plausibel aussehende Torchance in Strafraumnähe wie in Berlin 2001 -, die sich immer verliefen. Zum einen, weil eine Koalition aus drei Partnern immer mehr Spieltheorie, mehr Balance bedeutet. Zum anderen aber auch, weil sich Grüne und FDP oft gegenüber stehen wie überzeichnete Hippie- und Yuppie-Geschwister in einer schlechten Vorabendkomödie als wie unterschiedliche Ausprägungen dessen, was im 19. Jahrhundert „Fortschrittsparteien“ waren.

Die Offenlegung gleich zuerst: Ich war von c. 2002 bis 2009 Mitglied der FDP und bin seit 2009 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen (mehr dazu hier). Seit der (unrealistischen) verlorenen Optionen auf eine Ampel vor sechzehn Jahren halte ich das im Grunde für die beste Option für dieses Land, um soziale Breite und Fortschrittsdenken in Gesellschaft und Wirtschaft zusammenzubringen. Gleichzeitig gibt es Raum für sinnvolle Opposition ohne akuten Extremismusverdacht.

Zurück nach Mainz (Rohdaten wie immer auf meinem OneDrive): Hier ist die SPD seit der Wiedervereinigung jedes Mal stärkste Kraft geworden, selbst vor fünf Jahren noch mit über 35 Prozent Zustimmung. Scharping, Beck und natürlich seit 2013 Malu Dreyer führen die Geschäfte mit FDP und/oder Grünen. Dabei gelang der SPD zweimal die Titellverteidigung mit einem Wechsel inmitten der Amtsperiode, was oft schief geht.

Diagramm: Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz seit 1991.
Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz seit der Wiedervereinigung.

Die Union biss sich indes immer wieder die Zähne aus – zweimal Böhr, zweimal die heutige Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner -, erlangte aber niemals auch nur eine mehrheitsverhindernde Position.

Grüne und FDP sind einstweilen schwach geblieben und nur ein einziges Mal – zu Hochzeiten der Fukushima-Krise – waren die Grünen zweistellig, sonst durchgängig hinter den Liberalen. Gänzlich unbedeutend: die Linke.

Das zweistellige AfD-Ergebnis machte die Partei zur drittstärksten Kraft – war aber auch schwächer als in den meisten anderen Bundesländern.

Unter diesen Voraussetzungen stellt sich also die erste Ampelkoalition zur Wiederwahl, bei der das die Beteiligten auch möchten, und womöglich eine Blaupause für den weiteren Weg in mehr Ländern oder dem Bund.

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