Volksentscheide, Wahlen und die 25%-Hürde in Berlin

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Zum zweiten Mal ist am vergangenen Sonntag ein Volksentscheid in Berlin unecht gescheitert: Unecht, weil zwar die eindeutige Mehrheit der Abstimmenden dafür votierten, aber gescheitert, weil diese Mehrheit nicht die 25% der grundsätzlich Abstimmungsberechtigten stellte. Denn es gilt gemäß Berliner Verfassung:

Ein Gesetz oder ein sonstiger Beschluss nach Artikel 62 Abs. 1 ist durch Volksentscheid angenommen, wenn eine Mehrheit der Teilnehmer und zugleich mindestens ein Viertel der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten zustimmt.

Diese Regelung steht derzeit einmal mehr in der Kritik, weil sie einen grundsätzlichen Gegensatz zu den Parlamentswahlen auf jedweder Ebene darstellt. Diese werden schließlich weder ungültig, sobald ein bestimmtes Quorum unterschritten ist, noch zählen nicht abgegebene Stimmen auch nur für Details wie die Parlamentsgröße.

Das führt auch dazu, dass wir die absoluten Stimmen für Parteien meist gar nicht mehr in Betracht ziehen, sondern lediglich abstrakt die Größe Wahlbeteilung und die einzelnen Zustimmungsanteile in Prozentpunkten betrachten. Dabei ist es gerade interessant, zu sehen, auf welche Basis sich Regierungskoalitionen stützen können. Das habe ich nachfolgend einmal aufbereitet. Im Diagramm sind als gestapelte Werte jeweils die Stimmanteile für die Parteien einer Koalition gekennzeichnet, sowie die Ja-Stimmen der letzten Volksentscheide. Die schwarze vertikale Linie sind die nötigen 25%:

Auffallend ist zum einen der Rückgang von Regierungskoalitionen allgemein – die letzte Diepgen Koalition konnte sich auf fast 40% der Wahlberechtigten stützen, mit Wowereit und Henkel sind es nur noch knapp 30%. Formal konnte also, wenn auch noch so knapp, jede der letzten Regierungen zumindest ein Viertel der Wahlberechtigten hinter sich bringen.

Bei den Volksentscheiden gelang das nur Berliner Wasser, neben der Abstimmung zur Rekommunalisierung der Stromversorgung scheiterte auch die Offenhaltung des Flughafens Tempelhof unecht. Lediglich die Initiative zur Einführung des Religionsunterrichts als ordentliches Wahlpflichtfach wurde echt abgelehnt.

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