Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt 2011 (1): Ausgangslage im Bundesrat und im Land

Politik

Diesen Sonntag ist die zweite Landtagswahl des Jahres, in Sachsen-Anhalt. Die Wahl findet statt, während quasi die gesamte Berichterstattung der Öffentlichkeit auf die Ereignisse in Japan konzentriert ist, was die anderen Themen der jüngsten Zeit – die Unruhen in Afrika, Debatten über ein Engagement in Libyen, Nachwehen der Guttenberg-Affäre – merklich in den Hintergrund rückt. Ob und welche Auswirkungen dies insbesondere in den Bundesländern mit Kernkraftwerken haben wird, werden die nächsten Wochen noch zeigen. Zunächst einmal ein Blick auf die gegenwärtige Situation im Bundesrat nach der Hamburg-Wahl:

Übersicht: Der Bundesrat nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg

Übersicht: Der Bundesrat nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg - für eine vergrößerte Ansicht einfach klicken.


In Sachsen-Anhalt, das vier Stimmen Bundesrat hat, regiert seit 2002 der scheidende Ministerpräsident Wolfgang Böhmer. Ein kurzer Blick auf die historischen Wahlergebnisse zwischen Stendal und Naumburg zeigt einige bemerkenswerte Tendenzen. Zunächst einmal die Zahlen…

…und die Visualiserung.
Diagramm: Ergebnisse der letzten Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt

Diagramm: Ergebnisse der letzten Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt


Im einzelnen lässt sich schlussfolgern:

  • Die FDP hat eigentlich durchaus Potenzial, scheint dies aber in Regierungsverantwortung nie umsetzen können: 1990 holte sie Direktmandate in Halle, der Geburtsstadt Hans-Dietrich Genschers, 2002 erzielten die Liberalen mit 13,3% das beste Landtagswahlergebnis bundesweit seit 1990 (damals ebenfalls in Sachsen-Anhalt, 13,5% (erst wieder eingestellt durch Hessen 2009 mit 16,2%). Aber: Zwei Wahlperioden lang (1994-2002) waren die Liberalen gar nicht im Parlament vertreten, die jüngste Wahl 2006 ergab eine erhebliche Schrumpfung.
  • 1998 und 2002 wechselten CDU und SPD jeweils die Position mit jeweils deutlichen Verlusten respektive Gewinnen (vom 20%-Korridor in obere 30er-Regionen und umgekehrt). In beiden Fällen lässt sich daraus zu einem erheblichen Teil ein Votum über die Bundespolitik, insbesondere über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, weder 1998 für Kohl noch 2002 für Schröder Paradethemen. (Das Hochwasser an der Elbe fand im August 2002 statt, rund ein halbes Jahr nach der Landtagswahl. Weder Schröders Pragmatismus hier noch der sich abzeichnende Irakkrieg konnten der SPD daher im Februar 2002 nutzen, was bei der Bundestagswahl 2002 anders aussah.)
  • Die Linke (ehemals PDS) kann sich insgesamt über einen stetigen Zustimmungszuwachs freuen. Die Grünen sind seit 1998 nicht im Landtag vertreten – die eher dünne Besiedlung und vergleichsweise wenige Studierende spielen der Ökopartei nicht in die Hände. Statistisch gesehen (Standardabweichung) sind Grüne und Linke am konstantesten, wenn auch auf unterschiedlichen Niveaus.
  • Sachsen-Anhalt ist nach meinen Recherchen das einzige Bundesland, was nach ausnahmslos jeder der letzten fünf Wahlen ein neue Regierungskoalition bekommen hat: Schwarz-Gelb, Rot-grüne, dann SPD-Minderheitsregierung jeweils unter PDS-Tolerierung („Magdeburger Modell“), Rot-rot, Schwarz-gelb, Schwarz-Rot.
  • Ebenfalls in Erinnerung: 1998 konnte die DVU aus dem Nichts 12,9% der Stimmen in Sachsen-Anhalt gewinnen, basierend auf einer teuren auf Protest ausgerichteten Kampagne, im Gegensatz zur NPD auch ohne regionale oder personelle Verankerung. Zwar blieb die DVU politisch einflusslos, zerfiel im Laufe der Legislaturperiode und trat 2002 nicht einmal mehr an, allerdings zeigt der enorme Sprung 1998 das mögliche Potenzial. Zudem zeigt ein Blick auf die Umfragen vor der Wahl, dass die DVU damals um die Hälfte zu niedrig geschätzt wurde – das wird bei der Betrachtung der NPD in den Umfragen eine gewichtige Rolle spielen.

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