Analysen (und Diagramme!) zum Sparpaket

Politik

In einem meiner Lieblings-Wise-Guys-Lieder, „Ich bin raus“, wird das Sparpaket schon als Auswanderungsgrund zelebriert. Jetzt, weit mehr als ein Jahrzehnt nach dem entsprechenden Album, aber erneut unter einer schwarz-gelben Regierung, gibt es wieder ein solch pekuniäres Versandobjekt, dass zu allerlei Diskussionen anregt, die meisten eher kritisch.

Auf Basis der Aufschlüsselung, welche die Bundesregierung selbst online anbietet, habe ich einmal eine Analyse des Maßnahmenkatalogs vorgenommen (PDF – alles auf einen Blick, inklusive grausam detaillierter Tabellen). Besonders interessieren dabei, ob zwei Thesen, die von der Bundesregierung immer vertreten werden, so zu halten sind:

  1. Es werden alle gesellschaftlichen Akteure (Staat, Wirtschaft, Menschen in verschiedenen Lebenslagen) gleichermaßen berücksichtigt.
  2. Das Einsparen von Ausgaben hat Vorrang gegenüber dem Mehren der Einnahmen, der Staat soll also insgesamt schlanker werden, statt insgesamt mehr Geld umzusetzen.

Zunächst einmal die unglaublich praktische Übersicht:

Übersicht zu den beschlossenen Maßnahmen (Sparpaket) der Bundesregierung

Übersicht: So teilen sich die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen auf.

Tatsächlich sagt insbesondere das Tortendiagramm: Hier werden ja alle oben genannten Segmente gefordert. Die Wirtschaft trägt insgesamt fast 29 Mrd. Euro bei, Einsparungen bei Staatsausgaben wie Verwaltung, Heer und Zinsen summieren sich auf rund 20 Mrd. Euro, gekürzt wird um gut 30 Mrd. Währungseinheiten.

Allerdings: Zwar werden Banken und Kernkraftwerke einbezogen, von wirklich schmerzhaften Einschnitten kann hier allerdings nicht die Rede sein. Die insgesamt knapp 10 Mrd. Euro aus den Reaktoren etwa kann die Bundesregierung ja überhaupt erst einbuchen, weil sie deren Laufzeit verlängert hat. Die taz spricht gar von Luftbuchungen, weil die Einbeziehung von der Kreditinstitute international schwierig werde.

Wie sich die Kürzungen zusammensetzen

Zudem offenbart ein Blick auf die Kürzungen eine ziemliche Monokultur:

Das Sparpaket: Wo sind die Einschnitte?

Schlüsselt man die Ausgabenkürzungen auf, wird umso deutlicher, wo ein Löwenanteil der Einsparungen erfolgt (in diesem Diagramm durch die globale Minderausgabe noch abgefedert).

Man darf sich ausmalen, wie genau der Wandel von einem Rechtsanspruch zu einer Einzelfallentscheidung über Arbeitsmarktmaßnahmen ausfallen muss, um Einsparungen in solcher Höhe zu erzielen. Das ist meiner Meinung nach dennoch entschieden besser als eine pauschale Kürzung etwa von Arbeitslosengeld I oder II. Das Problem ist auch nicht unbedingt die Phantasielosigkeit, einfach so einen Dreißig-Milliarden-Brocken auf diese Weise zu definieren. Sondern dass hier tatsächlich überhaupt keine breite gesellschaftliche Beteiligung stattfindet. Mit Ausnahme der Begrenzung des Elterngeldes nach oben (die sage und schreibe 0,8 Mrd. Euro spart) treffen alle Maßnahmen hier Arbeitssuchende, Arbeitslose, Wohngeldempfänger, ALG-II-Bezieher, also sozial schwache Gruppen.

Keine einzige Maßnahme richtet sich an Gut- oder gar Spitzenverdiener, etwa ein Wegfall der Pendlerpauschale, des Dienstwagenprivilegs oder verringerte Abschreibungsmöglichkeiten in der Steuererklärung. Man braucht keine Ché-Poster an der Wand, um hier eine ziemliche Einseitigkeit zu erkennen. (Aber vielleicht ist das ja alles in der globalen Minderausgabe für 2014 drin.)

Mehr einnehmen oder weniger ausgeben – was überwiegt?

Immerhin, wie die nachfolgende Grafik zeigt, das Verhältnis von Einnahmensteigerungen zu Ausgabenkürzungen allgemein ist zumindest nicht entgegen den Versprechungen:

Das Sparpaket: Wo sind die Einschnitte?

Tatsächlich: Die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen setzen sich rein quantitativ zu mehr als zwei Dritteln aus Kürzungen zusammen (für größeres Bild klicken).

Debattiert werden kann natürlich, wieso bei den Einnahmesteigerungen nicht ein einziger wirklich mutiger Schritt getroffen wurde, im Sinne von „Dafür gibt‘s Haue“. PKW-Maut. Erhöhung der Kapitalertragssteuer oder Senkung des Freibetrages. Zuwenigst zeitweilige Anpassung des Spitzensteuersatzes, Abschaffung der steuerlichen Besserstellung von Immobilienfonds, alles möglich.

Man müsste nur wollen.

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