Café Anna Blume: Mit Charme und Etagere

Nahrungsmittelzufuhr

Café Anne Blume von außen (wo man sich natürlich auch hin, pardon, pflanzen kann.

Café Anne Blume von außen (wo man sich natürlich auch hin, pardon, pflanzen kann).

Mitten im tiefsten Frühstückslädendickicht befindet sich das Café Anna Blume (Homepage, Qype-Link, Google Maps). Wer möchte, kann von dort nicht nur Kollwitzstraßen-typisch Kuchen mit nach Hause nehmen, sondern auch gleich die namensgebenden Blumen beim hauseigenen Floristen einsacken. Für den Prenzlberg-markanten bürgerlichen Charme (nicht im CDU-FDP-Sinne), für kneipenferne Heimeligkeit sorgt auch die gedeckte, aber keineswegs bedrückende Farbgebung des Ladens. Kurzum: Der erste Eindruck bestätigt genau die Erwartungen an ein solches Etablissement im Gentrifikationsghetto; weil das offensichtlich viele Zugezogene wie Einheimische so sehen, ist das Platzangebot allerdings überschaubar.

Kurt Schwitters An Anna Blume an einer Littfaßsäule in Hannover

Kurt Schwitters' "An Anna Blume" an einer Littfaßsäule in Hannover

Angeberwissen: Warum Anna Blume Anna Blume ist

Namensgebend ist übrigens nicht etwa die Künstlerin, sondern die mehr oder minder fiktive Adressatin einer Liebesgedicht-Parodie (so genanntes Merzgedicht) des dadaistischen Dichters Kurt Schwitters. An Anna Blume war jenes Gedicht seines Lyrikbandes, mit dem er an Litfaßsäulen spammte für den käuflichen Erwerb des gesamten Werkes warb (ausführlicher Werdegang). In bester PR-Manier schlachtete Schwitters die Resonanz beim Publikum und bei Kritik entsprechend in weiteren Gedichten aus.

Der Anfang von An Anna Blume:

Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir!
Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, – wir?
Das gehoert beilaeufig nicht hierher!
Wer bist Du, ungezaehltes Frauenzimmer, Du bist, bist Du?
Die Leute sagen, Du waerest.
Lass sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht.
Du traegst den Hut auf Deinen Fuessen und wanderst auf die Haende, Auf den Haenden wanderst Du.
Halloh, Deine roten Kleider, in weisse Falten zersaegt, Rot liebe ich Anna Blume, rot liebe ich Dir.
Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, – wir?

(weiter geht’s etwa bei Imago-logisch, wo auch großartigerweise das Athualpa-Wordpress-Theme verwendet wird)

Geliebte meiner Sinne: Geschmack in geschmackvollem Ambiente

Gut: Die (typographisch sehr ansehnliche) Speisekarte präsentiert keine Deklination an gustatorisch für relevant erachteten Ländern, die als Adjektiv für verschiedene Frühstücke herhalten müssen, sondern setzt wirklich eigene Akzente. Besonders hervorzuheben sind die Crêpes (etwa mit Quark oder Feigen) und die gemischten Teller, die stilecht Blumennamen tragen, etwa die (vegetarische) Kornblume oder die (Schweiz-lastige) Alpenrose. Zusammen mit den üblichen Eier-, Müsli- und Croissant-Variationen ergibt sich damit eine erkleckliche Auswahl, die gleichermaßen „Mal was anderes“-Wünscher wie konservative Frühstücksgemüter bedient. Die benannten Teller lassen sich auch (bei Bedarf fleischfrei) zu Etageren kombinieren.

Viele Kalorien auf engstem Raum: Die Crêpe.

Viele Kalorien auf engstem Raum: Die Crêpe.

Die Musikuntermalung ist nicht ganz Café-typisch zurückhaltend, aber auch nicht zu aufdringlich – dazu dominiert sie angesichts der hohen Gastzahl und des mithin entstehenden Lärms auch viel zu wenig. Positiv: Auf Nachfrage suchen die Kellner auch gerne heraus, welcher Musiktrack gerade gespielt wird.

Wir entschieden uns schließlich für eine Kornblume, eine Crêpe mit Feigen und Eis und jede Menge Milchkaffee (inklusive selbstgebackenem Schwarzweißplätzchen, aber für meine Begriffe etwas zu schwach). Die verbindliche Bedienung kam und servierte schnell – nur beim Beazhlen brauchte es länger, und das Zuckerschälchen mussten wir uns selbst holen.

Die Speisen selbst verdienen Lob, wenn auch nicht im Überschwang. Brot und Brötchen machen einen frischen Eindruck beinahe auf Biobäcker-Niveau, auch die Quark- und Pastenauswahl gefiel mir. Vermutlich ist das nur eine persönliche Notiz in Verbindung mit unangenehmen Kindheitserfahrungen, aber warum auch immer Käse mit kleinen Paprika- oder Was-weiß-ich-Stückchen drin erfunden wurde, es gehört nicht auf einen Teller. Warum statt solcher komischer Supermarktkreationen nicht noch einen echten, charakterstarken Käse dazu? Das ist aber zum Einen subjektives und zum Anderem auf hohem Niveau angesiedeltes Meckern.

Direkt vor dem Fenster mit unserem Tisch befand sich ein, nun ja, Baumstamm zum Book-sharing und natürlich versüßen zahlreiche exilschwabende Anwohner den Speisegenuss. Das Café Anna Blume indes kann sich darauf verlassen, alle meine brunchrelevanten Sinne angesprochen zu haben und, egal mit welchem Kasus, auch meine Zuneigung und Empfehlung ausgesprochen zu bekommen.

Nachfolgend noch alle für präsentabel erachteten Bilder, inklusive der lassen-sich-leider-durch-Wordpress-nicht-vermeiden-Dupletten:

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