Wir haben da ein PR-Problem

GesellschaftPolitik

Das können derzeit wirklich viele von sich behaupten, so viele, dass es nicht einmal lohnt, hier die obligatorische „Zum Beispiel“-Linkwiese samt Familienministerin und Heidelberger-Appell-Unterzeichner auszubreiten, sondern gleich auf den Punkt zu kommen: Die Europäische Union macht etwas falsch. Respektive, und das ist demokratietheoretisch fataler, sie macht irgendwas, vergisst aber, es den Leuten mitzuteilen.

Ich war am Samstag im Europahaus Unter den Linden. Feine Sache, im Prinzip wie die Geschäftsstellen bei der Bundeszentrale für Politische Bildung, also kann man jede Menge Papier mit nach Hause nehmen. Ich habe mich auf ein Heftchen beschränkt, dass den Titel Europa beispielhaft trägt und ausführt, welche Projekte in Berlin EU-(mit-)finanziert sind. Da kommt tatsächlich einiges zusammen, von Sprachstuben zum legendären Naturkundemusem, von Visitenkartenparties zu verbesserter Planung für Fahrradparkplätze, von wasserstoffbetriebenen BVG-Bussen bis hin zum überarbeiteten Campus der Rütli-Schule. 40 (ja, vierzig) Projekte habe ich gerade gezählt, mit stark variierender Fördersumme natürlich. Insgesamt erhält allein Berlin nicht weniger als 1,2 Milliarden Euro aus dem Strukturfonds der EU.

Davon muss man nicht alle Projekte sinnvoll finden. Man kann manche als Kompetenzeingriff in die kommunale oder regionale Verwaltung sehen (wenn man unbedingt möchte), manche als überflüssige Weltherbeischönrederei. Aber selbst um das zu tun, muss man eins: von Ihnen wissen. Und das ist das Problem. Wer ins Europahaus läuft, muss nicht mehr überzeugt werden. Die EU macht viel, aber dass das davon beim Bürger nichts ankommt, liegt schlichtweg daran, dass sie es nicht auf seinen Kanälen kommuniziert.

Die Medien (juhu, pauschale Medienschelte, ich will einen Tusch!) spielen dabei kräftig mit, indem sie ständig Bundespolitik überhöhen und Europapolitik als Randerscheinung betrachten. Tatsächlich ist nach meiner Auffassung von allen politischen Ebenen, auf denen Wahlrecht besteht, die föderale die unwichtigste, in Deutschland wohl mehr als in einem Zentralstaat wie Frankreich. Klar: BRD-Kram betrifft uns alle, EU-Krempel alle, unter darunter halt auch irgendwie so wir.

Weil EU-Politiker, wenn sie nicht gerade Cohn-Bendit heißen oder ganz liberal Zeitungen verklagen, blass um die Charisma- und Quotensteigerungsnase sind, werden vorrangig bundesdeutsche Politiker zur Lage der Nation befragt und die Berichterstattung auf Kabinetts- und Bundestagsbeschlüsse verlagert. Umgekehrt macht die geringe öffentliche Aufmerksamkeit Europa für viele Bürger und auch Politiker weniger attraktiv. Dazu hat dieser Mann bei Timecode die Schlussfolgerung:

[An dieser Stelle sollte ein Youtube-Video mit TV Kaisers kultigem Teufelskreis stehen. Indes, ich habe keins gefunden. Also bitte trotzdem so unterhalten tun, als ob einer da gewesen wäre. Danke.]

Was ist die Lösung des Problems, wenn man Menschen erreichen möchte, die nicht die EU-Logos auf Baustellenplakaten suchen und auch nicht wissen, dass phantastische Projekte wie einst Neuropolis von der EU unterstützt worden? Sicher reichen ein paar Fernsehspots und Anzeigen in Trivialmedien nicht aus (obwohl sie je erreichtem noch-nicht-Interessierten sicher effektiver wären als das Bisherige), sicher benötigt es auch entsprechende politische Impulse. Ist das wahrscheinlich, wenn die Regierungsparteien nicht zur Wahl stehende Personen plakatiert haben?

Sehe ich auch so.

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