Der Bundesrat im Mai 2016

Politik

Drei-Parteien-Koalitionen sind in der Bundesrepublik selten und werden meist nur als letzter Ausweg genutzt, um Patt-Situationen zu vermeiden oder wenn sich CDU und SPD in einem Land nun so gar nicht leiden einigen können. Der 13. März 2016 jedoch verlangte von den Parteien neue Kompromissfähigkeit ab. Keine einzige bestehende Regierung behielt ihre Mehrheit, in zwei Bundesländern war nun erstmals überhaupt die Bildung einer reinen CDU-SPD-Koalition nicht mehr möglich.

In allen drei Bundesländern amtieren die bisherigen Regierungsschefs weiter, allerdings jeweils mit mehr oder anderen Partnern:

  • Die Grünen in Baden-Württemberg mit Winfried Kretschmann wurden erstmals stärkste Partei in einem Bundesland und regieren nun mit der CDU als Juniorpartner. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre dies allein schon ein Grund, Überkapazitäten bei der Ausrufezeichenproduktion zu beantragen.
  • Malu Dreyer gelang es, die SPD als stärkste Partei in einem Bundesland zu bestätigen. Neu auf der Regierungsbank sitzen neben den bisherigen Grünen auch die FDP. Für die Liberalen ist es seit dem Verlust in Sachsen 2014 die erste Regierungsbeteiligung und damit ein weiterer guter Schritt auf ihrer Wiederbelebungstour.
  • In Sachsen-Anhalt regiert weiterhin Reiner Haseloff und verteidigt so formal betrachtet die einzige CDU-geführte Regierung, die in diesem Jahr zur Wahl stand. Angesichts des AfD-Ergebnisses nötig dafür ist aber eine Koalition mit SPD und den Grünen, auch das ein komplettes Novum in der Geschichte.

In der Vorbereitung dieses Beitrages musste ich also allerlei neue Kachelmuster bauen. Was genau bedeuten diese Entwicklungen für die Lage im Bundesrat?

Bundesrat Mai 2016

Lage im Bundesrat seit Mai 2016.

  • Die großen Koalition kam zu Beginn des Jahres auf 24 Stimmen, jetzt sind es noch 20.
  • Rot-Grün ist auf Bundesebene mathematisch seit jeher in weiter ferne. Im Februar letzen Jahres hatten sie zumindest 28 (mit SSW 32) Stimmen im Bundesrat, was angenehm nah an der Durchregierbarkeitsgrenze liegt. Das ist nunmehr auf 18 (22 mit SSW) Stimmen geschmolzen.
  • Eine Rot-grün-linke Regierung könnte sich der Unterstützung von 26 (mit SSW 30) Stimmen im Bundesrat versichern, immer noch deutlich unter der Mehrheit.
  • Bündnisse aus Union und Grünen gibt es zwar nun noch mehr, dennoch kommen sie insgesamt nur auf 17 Stimmen im Bundesrat.
  • Die in Sachsen-Anhalt prämierte Kenia-Koalition ist letztlich auch die, auf welche sich alle Bundesratsmehrheit stützen: Union, SPD und Grüne führen gemeinsam Regierung mit 47 Sitzen, also einer komfortablen Mehrheit.

Eine Änderung dieser Situation ist, dass kein einziges Bundesland wie vor einiger Zeit Baden-Württemberg bei wichtigen Entscheidungen gegen den Rest der Partei das Ruder herumreißen kann. Die jetzige Lage erzwingt bei allen Gesetzen, die der Zustimmung der Länderkammer bedürfen, Konkordanz zwischen Schwarz, rot und grün.

Offenlegung: Ich war von 2002 bis 2009 Mitglied der FDP. Ich bin seit 2009 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen.

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