Was wäre, wenn? Weimarer Republik mit Fünfprozenthürde (3): Reichstagswahl Mai 1924

Politik

Nachdem die letzten beiden Ausgaben dieser Analyse vergleichsweise planmäßig lange haltende Wahlzyklen behandleten, in denen aber extrem viele Reichsregierungen über die Bühne gekarrt wurden, ist der Fall diesmal ein anderer: Eine Wahl, eine Regierung – und eine Neuwahl in acht Monaten. Und wie so oft ist der Einfluss möglicher Quorenregelungen hier selbst im Spekulativen begrenzt, wie die Grafik zeigt:

Ergebnis

Reichstagswahlen Mai 1924

Ergebnis der Reichstagswahlen 1924 inklusive hypothetischer Szenarien mit diversen Quorenregelungen. Zum Vergrößern Klicken.

Die Bayerische Volkspartei verlor bei dieser Wahl zwar deutlich an Stimmen, wurde aber in drei Reichswahlkreisen stärkste Kraft, so dass plausible Wahlsysteme ihre Mandate wohl nicht verfallen hätten lassen. In der Grafik sind wie immer beide Szenarien dargestellt, an der gebildeten Minderheitsregierung war die BVP ohnehin nicht beteiligt. Die Nationalsozialistische Freiheitsbewegung (NSFB) war eine Listenvereinigung zwischen einer DNVP-Absplitterung und der nach dem Hitler-Putsch verbotenen NSDAP und wird farblich auch so behandelt.

Gründe für die Auflösung

Die Auflösung  dieses Reichstags scheiterte zwar formal an mangelnden Mehrheiten, aber eben wieder nicht an solchen, bei denen Kleinstparteien einen Unterschied gemacht hätten. Nach dem Londoner Abkommen vom August 1924, dass neben Reparationen von auch Kredite für das Deutsche Reich beinhaltete und auch mit Stimmen der DNVP gebilligt wurde, schwelten im Reichstag Konflikte um die Wiedereinführung von Agrarzöllen, denen sich aber u.a. die SPD massiv widersetzte.

Eine Erweiterung der Regierung um die DNVP war rechnerisch möglich, aufgrund deren Republikfeindlichkeit aber wenig plausibel, und unter Hinzunahme der SPD schon gänzlich Traumtänzerei. So löste sich der Reichstag auf und es folgte schon im Dezember eine erneute Wahl. Auch hier treffen zwei Punkte der vorherigen Analysen zu:

  • massive äußere Einflüsse auf die Republik (Londoner Abkommen), auch wenn sie diesmal nur mittelbar den entscheidenden Konflikt herbeiführten
  • unklare Mehrheitsverhältnisse, allerdings mit jeweils vergleichsweise großen Fraktionen der Bevölkerung im Hintergrund

Ein Wahlsystem gleich welcher Art hätte den minimalen Spielraum der verfassungstreuen Parteien nicht erweitert.

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