Bundestagswahl 2009: Meine Prognose

Politik

Bei diesem Beitrag handelt es sich um meine Vorab-Vorhersage, die, positiv formuliert, für immerhin viereinhalb Parteien zutraf – aktuelle Hochrechnungen gibt’s bei der ARD.

Ich hatte ja schöne multivariate Analysen und dolle Simulationen für Überhangmandate versprochen. Tja, daraus wird leider nichts, stattdessen habe ich „nur“ eine Prognose auf Basis aller bisherigen Analysen abzuliefern. Ich gebe dabei jeweils einen Korridor an, den ich für wahrscheinlich halte – und, der Einfachheit halber, einen „Wenn ich mich unbedingt festlegen muss“-Tipp.

  • Die CDU/CSU wird stärkste Fraktion bleiben. Ich rechne nicht mit Einbußen, wie die Mobilisierungsberechnungen bei unentschlossenen Wählern sie anhand der 2005er-Modellierung ergeben haben. Der Wahlkampf der letzten Tage aber hat die Union keineswegs in der Offensive gesehen. Merkel hat hohe Beliebtheitswerte und sie hat einzig auf diese gesetzt. Das erscheint einerseits klug aufgrund der Erfahrungen von 2005, ist andererseits auch mutig, weil auf diese Weise in der letzten Zeit kein Wahlkampf geführt wurde. Ich sehe nicht, dass die Partei das letztmalige Ergebnis von 35,2% überbietet; zudem wurde die Union bei den letzten Landtagswahlen ebenfalls durchgend unterschätzt. Korridor: 31-35%, Prognose: knapp 34%.
  • Die SPD verspürt seit dem Fernsehduell leichten Aufwind, aber keineswegs so stark wie 2002 und 2005: Steinmeier ist nicht Schröder. Zudem spielt ihr der schlappe Wahlkampf und die Aussicht auf eine niedrige Wahlbeteiligung nicht in die Hände. Die letzte Hoffnung bleibt, dass viele Menschen in letzter Minute doch noch ihr Kreuz dort machen. Korridor: 25-29%, Prognose: 27%.
  • Die FDP (deren Mitglied ich 2003 bis 2009 war) hingegen steht rein statistisch bei niedriger Wahlbeteiligung gut da. Sie hat das Rezept des 2005er-Wahlkampfes, eine staubtrockene Kampagne und klare Programmankündigungen, kopiert, auch die letzten Landtagswahlen sahen für sie gut aus. Je nachdem, wie viele Menschen bei der Stimmabgabe wirklich zwischen Land- und Bundestagswahl unterscheiden, kommen ihr auch die Wahlen in Schleswig-Holstein zu Gute. Ich sehe für die FDP gute Chancen, drittstärkste Partei zu werden. Korridor: 11-16%, Prognose: gut 13%.
  • Die Grünen (deren Mitglied ich bin) werden traditionell von Infratest dimap sehr genau geschätzt, das Institut sieht sie diesmal bei 10%, wie auch die meisten anderen. Ich kann mir denken, dass ein grundsätzlich möglicher Zuwachs durch die Piratenpartei in ländlichen Gebieten erschwert wird und das deswegen die sonst stattfindende Unterschätzung kaum eintrifft. Korridor: 9-13%, Prognose: 10%.
  • Die Linken wurden bei den letzten Landtagswahlen durchgängig unterschätzt. Bei den Bundestagswahlen war Allensbach im Durchschnitt nur 0,3 Prozentpunkte vom tatsächlichen Ergebnis entfernt. Korridor: 10-15%, Prognose: gut 12%.
  • Die Piraten werden nicht in den Bundestag einziehen, nicht nur weil sie nur in fünfzehn Bundesländern antreten. Die Präsenz (und Penetranz), die ihre Anhänger online zeigen, gaukelt eine weitaus größere Relevanz vor. (Und ich habe im eben verlinkten Beitrag auch geschrieben, weswegen das kein Drama ist.) Korridor: 1-2,5%, Prognose: knapp 2%.

So, rechnen wir das zusammen, ergibt sich ein Patt bei den Prognosen, nämlich 47% zu 47%. Womit es zum einen auf die Überhangmandate ankommt, und zum anderen ein spannender Abend wird. Oder, um Spiegel Online zu zitieren:

„Die Demoskopen haben uns noch einmal gesagt, dass es wahlweise auf alle Fälle/vielleicht/niemals Schwarz-Gelb geben wird. Und dass noch fast ein Drittel der Wähler nicht weiß, wo es sein Kreuz macht, also alles Mist ist, den sie uns da kredenzen, aber sozialwissenschaftlich valider, repräsentativer, voll gültiger Mist.“

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