Post-Gutenberg-Ära mit weniger Buchstaben im Satzkasten

Medienwelt

In den Zeiten, in denen Webmaster ihren Benutzer noch Browser und Auflösung vorschrieben, gab es mitunter folgende lustige Aufforderung:

„Bitte Schriftart Rumgekrakel hier herunterladen, um die Webseite optimal anzuzeigen.“

Das ist natürlich eine großartige Lösung, um die Traffic-Kosten für benannte Seite gering zu halten, denn eine Schriftart installieren ist das genaue Ende eines flüssigen Surf-Erlebnisses.

Weil sich das System, wonach Schriftarten auf dem jeweiligen System verfügbar sein müssen, um im Browser angezeigt werden zu können, durchsetzte, konnten es exotische Schriftarten auf Seiten nicht. Das ist einerseits gut, wenn man sich die typographischen Verbrechen im Echtweltspam anschaut – einfach mal den „Keine Werbung“-Sticker vom Briefkasten nehmen oder beim lokalen Supermarkt das Kleinanzeigenbrett durchstöbern.

Dennoch besteht derzeit eine massive Einschränkung, weil die Auswahl zwischen Helvetica, Times und Arial beinahe realsozialistische Züge hat. Eine Alternative ist es, Text als Grafik zu hinterlegen, wie das Stefan Niggemeier etwa bei seinen Überschriften macht. Nachteil: Mehr Arbeit für Barrierefreiheit, mehr Arbeit bei längeren Überschriften, mehr Arbeit bei Änderungen, erst Recht bei einem Redesign des Blogs.

Die Süddeutsche Zeitung hat das Typografie-Problem in ihrer Mittwochsausgabe besprochen. Dem Tenor des Artikels stimme ich zu, wenngleich es bestenfalls eine unglückliche Verkürzung ist, dass dynamische Nachladen von Schriften als „@font face“-Technologie zu bezeichnen, wenn es sich bei „@font-face“ eigentlich um ein in den 4er-Browserzeiten kurz populäres CSS-2-Tag handelt, die dann in CSS 2.1 aufgegeben wurde und in CSS 3 wieder benutzt wird. Nach meinen Recherchen sind die heißen Kandidaten Firefox 3.5, alle neueren Webkit-basierten Browser und Opera 10.

Womit sich für mich Fragen stellen:

  • So ganz ohne Internet-Explorer-Support: Wer macht das? Wenn in Browser-Versionen mal ein paar Pixel falsch liegen, meine Güte, aber Schriftarten sind essenziell für die Gestaltung – hier muss also mit Alternativschriftarten (die benannte Nichtmalhandvoll) oder Bilderersatz gearbeitet werden – brr. Ich glaube daher nicht an eine Invasion jenseits des gängigen Comic-Sans-Terrors.
  • Wenn im Jahr 2009 so etwas wie Schriftarten, nicht eben crazy funky High-End-Technologie, serienmäßig in die Unterstützungsgänge kommt – worauf haben sich die Entwickler denn in den letzten Jahren stattdessen konzentriert?

Anbei noch ein paar Paar interessante Links, die ich trotz eifrigster Bemühungen nicht im Fließtext unterbringen konnte: Web font linking with @font-face, Cross-Browser font-embedding with @font-face.

One Reply to “Post-Gutenberg-Ära mit weniger Buchstaben im Satzkasten”

  1. Francesco sagt:

    Das Problem von Schriftarten im Web ist nicht die Technologie als solche, sondern hängt mit der Lizenz zusammen. Professionelle Schriftarten sind hunderte von Euros wert und die würde man ungern ungeschützt und frei zum Runterladen in CSS verlinken.

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